"Jummi Jrün"

  • „Kann ich jet für Üch dunn?“


    Die Stimme gehört einer adrett gekleideten älteren Dame und kommt hinter der altertümlich anmutenden Kasse hervor.


    Ich schildere der Dame mein Anliegen. Ich suche einen Fensterfeststeller, so wie es sie früher gab: ein Teil aus Gummi/Plastik, sieht aus wie eine Kralle… wird in den Fensterrahmen gesteckt; wer es nicht kennt, kann es sich nicht vorstellen, deshalb werde ich mal ein Foto schießen.




    „Do möht Ihr noch jet waade… dat müsse mer neu bestelle… ävver da duurt noch e paar Woche.“ Sie reicht mir einen Flyer und deutet auf die Telefonnummer. „Dat is esu: dat is esu vill Kleinkrohm… un der bestelle mer immer nur alle paar Woche. Doht einfach ens aanrofe… ich jon dann ens luure ov et jekumme es.“




    Ich sage brav danke schön und verschwinde mit dem Flyer aus dem alteingesessenen Geschäft, in dem es so viel zu sehen gibt. Man denke nur an diese total altmodischen Badekappen, die eng angesessen und einen Riemen unter dem Kinn hatten und die entsprechenden Druckknöpfe an der Kappe…


    Ebenso Badeschuhe in allen Formen und Größen… Aber auch Massage-Igel, die in der Physiotherapie-Praxis das Doppelt- oder Dreifache kosten… Dichtungen, Schaumstoffe, Badewannen- und Beckenstöpsel, und wo weiter und so weiter.


    Später lese ich mal im Flyer.


    „Gummi-Grün-Köln“ findet man heute in Köln in der Richmodstrasse 3-7, im Herzen von Köln. 1884 wurde die Firma von Franz Grün gegründet und in zweiter Generation seit 1920 von dessen Sohn weiter geführt. Nach dem Tod von Franz übernahm dessen Ehefrau Sophia die Geschicke der Firma. Von 1950 an stand Ernst Masuth ihr zur Seite – er übernahm das Geschäft 1978 und führte es bis Ende 2006. Seitdem ist Gerhard Zilles der Inhaber und setzt die Tradition fort.


    Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich der Sitz des Ladenlokals in der Herzogstraße in Köln. Durch Bombenangriffe und Zerstörung handelte Herr Grün von der Garage in seinem Wohnhaus in Köln-Deckstein weiter und überstand die schwere Nachkriegszeit. – 1949 bezog man neue Geschäftsräume am Neumarkt, und 1992 zog man ganz in der Nähe des Neumarkts in die Richmodstraße 3-7.


    Die Warenpalette von „Gummi Grün“ ist enorm, obwohl der Laden so klein und ein wenig altmodisch wirkt. Wenn man eine neue Dichtung braucht, empfiehlt es sich, ein Stück der alten mitzubringen, denn: man hat die Wahl zwischen 3200 verschiedenen Dichtungen…. Und die Mitarbeiter suchen die richtige heraus.


    Was führt Gummi Grün? Hier nur ein paar Produkte:


    Schaumstoffe (mit Zuschnitt)


    Dichtungen für Haushalt, Auto, Werkstatt…


    Anti-Rutsch-Beläge für Teppiche


    Fußmatten, Gummi und Kokos


    Gummimatten


    Regenbekleidung, Regenstiefel


    Kleber- und Gummipflegemittel


    Fenster- und Türdichtungen


    Wärmflaschen


    Schläuche


    Moosgummi-Produkte


    Kunstleder


    Logopädische Artikel wie Kauschlauch und Saugschlauch




    An dieser Auswahl wird bereits klar, wie breit gefächert das Sortiment ist.


    Wenn Ihr mal in der Nähe seid: schaut Euch nur mal das Schaufenster an – es kommen ganz viele Erinnerungen hoch an „damalige“ Zeiten. Bei Gummi Grün gibt es noch Artikel, die wir längst vergessen glaubten. Und mein Fensterfeststeller… klar, irgendwann werden sie den auch wieder vorrätig haben (Foto folgt).

  • ;(

    Gummi Grün am Kölner Neumarkt

    Traditionsgeschäft am Neumarkt
    Darum schließt Gummi-Grün in Köln nach 138 Jahren

    Köln -

    „Es schließen zu viele gute Geschäfte“, stellte Gerhard Zilles noch vor gut vier Jahren im Gespräch mit der Rundschau fest. Sowas mache ihn traurig, sagte er damals. Nun hat es auch ihn getroffen. Sein Geschäft, seine Institution Gummi-Grün auf der Richmodstraße, hat seine Türen im Juni nach 138 Jahren geschlossen.



    „Nach Corona, zwei Mal Lockdown, Rohstoffmangel und den nun ständig steigenden Preisen für Energie und Transport, ziehen wir einen Schlussstrich und schließen das Geschäft“, steht auf drei gelben Zetteln in den beiden großen Schaufenstern und der Eingangstür, nur wenige Meter vom Neumarkt entfernt. Immer wieder bleiben Passanten stehen und schauen ungläubig in die leeren Auslagen hinter den Glasscheiben. Das traditionsreiche Geschäft mit dem aus der Zeit gefallenen grünen Schriftzug wird hier ganz offensichtlich vielen fehlen.

    Dichtungen in allen Größen

    Wer irgendetwas aus Gummi brauchte, der wurde bei Gummi-Grün so gut wie immer fündig. Gießkannen, Badekappen, Arbeitshandschuhe, Gartenschläuche, Wärmflaschen, Fußmatte, Gummiringe oder Dichtungen in allen nur denkbaren Varianten und Größen. Gerhard Zilles belieferte regelmäßig auch größere Kunden wie Werften oder Rolltreppenbauer, wenn diese bestimmtes Material brauchten. Auch für Tüftler und Erfinder war Gummi Grün Anlaufstelle Nummer Eins. Gegen die Expertise des Gummi-Grün-Teams und die große Auswahl konnte kein Online-Shop ankommen. Und so konnte sich Zilles mit seinem traditionsreichen Kult-Laden lange Jahre in bester Lage halten.



    Gummi Grün gab es schon lange vor Gerhard Zilles. Der Name des Ladens stammt von seinem Gründer Franz Grün – Eröffnung war 1884. 36 Jahre später übergab Franz Grün an seinen Sohn Franz Rudolf, dessen Witwe Sophias den Laden 1978 an Ernst Masuth übergab. Mit 92 Jahren setzte der sich 2007 zur Ruhe und Gerhard Zilles übernahm. 2012 integrierte Zilles das Kölner Traditionsunternehmen Leder Salscheider, das seit 1892 existierte. „Man kann doch so ein Geschäft nicht sang- und klanglos verschwinden lassen“, sagte Zilles rückblickend.


    Nun ist also für beide Läden Schluss. „Wir danken Ihnen allen, die uns viele Jahre treu geblieben sind. Sie werden uns fehlen!“, lautet die letzte Botschaft an die Kunden auf den drei gelben Zetteln. „Bitte halten Sie uns in guter Erinnerung!“


    Quelle: Kölnische Rundschau

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