Heute ist "Internationaler Weltmädchentag".
Stellt sich die Frage, was das ist - ein 'Weltmädchen'. Hätte es nicht auch ein 'Mädchentag' getan?
Egal. Hauptsache, man(n) richtet wieder einen kritischen Blick auf all die Stereotype, die beim Wort 'Mädchen' in den Köpfen losrattern und einrasten. Und das beileibe nicht nur bei der Generation der Hochbetagten, denen höfliche Knickschen, niedliche Röckchen, Zöpfchen, Trippelschrittchen und schüchtern sanftes Erröten noch unerlässlich fürs Mädchendasein erschienen.
Auch den späteren Generationen spukt das "...chen" noch gewaltig in den Köpfen rum. Möglichst sanft und ein bisschen schwach, behütet und gern nachsichtig bis gönnerhaft belächelt, irgendwie auch ein bisschen doof, so purzelt das "süße Mäuschen" auch heute noch durch Filme und Texte, vor allem aber durch Meinungsbildende Werbeindustrie und Erziehung.
Gehen Sie mal in eine Spielwarenabteilung! Sollte sich Jemand vom Verkaufspersonal nähern und Ihnen Hilfe anbieten, wird die erste Frage sein, die man Ihnen stellt: "Junge oder Mädchen?". Erst danach erkundigt man sich nach Alter und Interessen.
Glauben Sie nicht. Wollen wir wetten?
Sollte das zu beschenkende Mädchen sich -entgegen aller ...öhm... 'Natur'- etwa als technisch interessiert und Eisenbahn-affin herausstellen, werden Sie den konsequent in süßlichem Bonbonfarbenquietschrosapink gehaltenen Bereich verlassen und das Areal für Jungs betreten müssen.
Eine Wohltat fürs Auge, kann ich Ihnen versprechen.
Kaum anders ergeht es dem unbedarften Kunden bei Kleidung für die "Süüüße". Nicht einmal bei der Kinderzimmer-Einrichtung läuft es ohne Klischees.
Penetrant und anscheinend unausrottbar das omnipräsente Rosa fürs "Prinzesschen".
Sollen wir als rosige Schweinchen sozialisiert werden, oder was?
Nun erscheint herablassend tätschelnde, abwertende Verniedlichung zugegebenermaßen als Luxusproblem - gemessen an den Widrigkeiten, denen Mädchen in anderen Gebieten der Welt ausgesetzt sind. Da geht es häufig genug um ihre bloße Existenz.
Denken wir an die Tötung weiblicher Föten oder sogar Ermordung neugeborener Mädchen in China und Indien. An brutalste, lebensgefährliche Genital-Verstümmelung der Mädchen in weiten Teilen Afrikas. An repressive Mädchenerziehung bis hin zur Versklavung - keineswegs allein in arabischen Ländern. Schulbildung, gar Chancengleichheit für Mädchen? Ein Seltenheitswert.
Heute ist also der "Internationale Weltmädchentag".
Und das ist gut so.
ZitatInitiiert wurde der Weltmädchentag vom Kinderhilfswerk Plan International Deutschland, das seit 2003 mit seiner Kampagne „Because I´m a Girl“ unermüdlich auf die katastrophalen Verhältnisse aufmerksam macht, in denen Mädchen leben.
Weltweit gehen 62 Millionen von ihnen nicht in die Schule - die Gründe sind Armut, Diskriminierung, Gewalt. In Entwicklungsländern wird jedes dritte Mädchen vor seinem 18. Lebensjahr verheiratet, Teenagerschwangerschaften gehören zu den häufigsten Todesursachen bei Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren.
(Tagesspiegel)