Dies und Das zum Jahreswechsel

  • Silvester
    Was fange ich Silvester an?
    Geh ich in Frack und meinen kessen
    Blausanen Strümpfen zu dem Essen,
    Das Herrn Generaldirektor gibt?
    Wo man heute nur beim Tanzen schiebt?
    Die Hausfrau dehnt sich wild im Sessel -
    Der Hausherr tut das sonst bei Dressel -,
    Das junge Volk verdrückt sich bald.
    Der Sekt ist warm. Der Kaffee kalt -
    Prost Neujahr! Ach, ich armer Mann!
    Was fange ich Silvester an?


    Wälz ich mich im Familienschoße?
    Erst gibt es Hecht mit süßer Sauce,
    Dann gibt's Gelee. Dann gibt es Krach.
    Der greise Männe selbst wird schwach.
    Aufsteigen üble Knatschgerüche.
    Der Hans knutscht Minna in der Küche.
    Um zwölf steht Rührung auf der Uhr.
    Die Bowle -? („Leichter Mosel“ nur -)
    Prost Neujahr! Ach, ich armer Mann!
    Was fange ich Silvester an?


    Mach ich ins Amüsiervergnügen?
    Drück ich mich in den Stadtbahnzügen?
    Schrei ich in einer schwulen Bar:
    „Huch, Schneeballblüte! Prost Neujahr -!“
    Geh ich zur Firma Sklarz Geschwister -
    Bleigießen? Ists ein Fladen klein:
    Dies wird wohl Deutschlands Zukunft sein …
    Prost Neujahr! Helft mir armem Mann!
    Was fang ich bloß Silvester an?


    Kurt Tucholsky

  • Üblicherweise gibt's an jedem Jahresende Rückblicke auf besondere Ereignisse der letzten zwölf Monate. Im Allgemeinen gilt das für diverse Würdigungen, für Nachrufe oder extreme Geschehnisse. Ich habe noch eine andere Kategorie gefunden. Hier geht's um besondere Zitate, die


    Sätze des Grauens
    Top 5

    „Wir schaffen das!“
    Spitzenreiterin ist Angela Merkel. Kaum hatte sie ihren Optimismus bei der Bewältigung der Flüchtlingsfrage mit dem Elan einer Baumarktkette verkündet, wurde ihr Spruch zum geflügelten Wort und zum Hashtag #wirschaffendas. Der findet inzwischen vor allem bei Wutbürgern und Stammtischpatrioten Verwendung – etwa wenn sich Kinder in „Willkommensklassen“ prügeln oder die AfD zu Spenden aufruft. Statt eines Pokals bekam die Kanzlerin ein künstlerisch zweifelhaftes Ölgemälde auf dem Cover des Time Magazine. Und den Titel „Person des Jahres“. Wer so viel Ehre genießt, kommt schon allein klar, denken nun viele, nicht nur in Merkels Partei. Während die CSU da überhaupt nichts schaffen will, schaffen die Behörden zu wenig. Und so müssen die Flüchtlinge und Helfer das meiste weiterhin allein schaffen.


    „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“
    Platz zwei geht an Thomas de Maizière, für seine herausragende Leistung im Genre Psychothriller. Niemand weiß, ob uns die verschwiegenen Teile seiner Antworten in gleichem Maße verunsichert hätten, wie unsere Nachfragen den schweigsamen Innenminister verunsicherten. Fakt ist: Die de Maizièr’sche Verunsicherungsformel ist universell einsetzbar: im Büro („Wie weit sind Sie mit dem Projekt?“), im Auto („Wann sind wir da?“), nach dem Sex („Wie war ich?“). Die Aluhutproduktion hat seither jedenfalls noch mal enorm zugelegt.


    „Das entzieht sich meiner Kenntnis“
    In bestechender Form zeigte sich Wolfgang Niersbach bei einem seiner letzten Einsätze als DFB-Präsident, bei der Pressekonferenz zu den schwarzen Kassen. Mal konnte er die Fragen nicht beantworten, mal konnte er keine Antwort geben. Niersbach wusste also gar nichts und konnte nichts dafür, weil die Antworten so frech waren, sich seiner Kenntnis zu entziehen. Zwar nahmen die Journalisten ihm das nicht ab. Aber Niersbach konterte mit dem niedlichsten Hundeblick, den der Fußball je gesehen hat. Ein Platz im Mittelfeld, Rang drei.


    „Es war Liebe“
    Einen Überraschungserfolg erzielt die höchste Neueinsteigerin des Jahres: Beate Zschäpe. Kurz vor Weihnachten verblüffte die „schweigsame Nazikonkubine“ (Jan Böhmermann) ihr Publikum im NSU-Prozess mit einer schriftlichen Erklärung, die selbst Erich Mielke zu Tränen gerührt hätte. Nie sei sie Mitglied einer Vereinigung namens NSU gewesen! Stattdessen habe sie jahrelang in einem Liebesdreieck mit ihren beiden Uwes gesteckt und sehr gelitten, wirklich: sehr! So viel Originalität reicht für Platz vier.


    „Trump findet ...“
    Rang fünf geht an Donald Trump, für sein rhetorisches Gesamtwerk, das sich durch Ausdauer und Stiltreue auszeichnet. Ob Muslime, Mexikaner, Chinesen oder Frauen: Für Trump ist jeder Mensch außer Donald Trump Mitglied einer gefährlichen Randgruppe. Am liebsten spricht er in der dritten Person über sich selbst, das traut sich sonst kaum einer.

    Quelle: freitag.de

  • Ein friedliches, friedvolles, Frieden-reiches Neues Jahr ... so tönt es alle Jahre wieder.
    Und?

    Schlägt man die Zeitungen auf oder schaut ins TV oder Internet, überfallen uns ungezählte Meldungen vom Krieg, wo Menschen umgebracht, verletzt, versklavt oder auch 'nur' heimatlos werden.
    Was wir nicht vergessen sollten: Ob diesmal das Neue Jahr mehr Frieden bringt, ist keine Frage eines unabänderlichen "Schicksals". Wir haben auch selbst in der Hand, was geschieht.
    Nur, solange man Pazifisten
    wüst beschimpft, zu "Spinnern" (wahlweise "Gutmenschen":P) erklärt, sie "Naivlinge" tauft und bestenfalls belächelt, wird's wohl nix werden mit dem ersehnten Frieden. Und immer wieder stellt sich die Frage - "Was wäre, wenn ...?"


  • Ein bisschen Musik zum Mitträllern

    New Year
    The new year has finally arrived

    Innocent with silken unmarked skin

    Only for a moment then it flies

    And the sound of the tattoo begins


    Breathing softly, it will get to the core

    Breathing softly, it will get to the core

    It’s indelible, all you need to know

    Indelible on the body of your soul


    Everything is relative in time

    The scars will heal and then what will remain

    We’re left with a mysterious design

    A beautiful reminder of the pain


    Breathing softly, it will get to the core

    Breathing softly, it will get to the core

    It’s indelible, all you need to know

    Indelible on the body of your soul...


    (Vanessa Paradis)

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