Kennt jemand von euch 'Mein Kampf'?
Nee, nicht den alltäglichen mit den Tücken des Objekts oder den lieben Mitmenschen.
Gemeint ist der Hetzschinken eines verhinderten Kunstmalers aus der nachbarschaftlichen Alpenrepublik, der sich -leider erfolgreich- entschloss, in Deutschland "Politikerrrr zu werrrrrden".
Falls ihr das OEuvre bisher rechts liegen gelassen habt, beherzigt meinen Rat, es da zu belassen. Verpasst habt ihr nix. Außer verquastes Gewirr von Schuldzuweisung, Rassenwahn und Großmanns-Phantasien ist nichts zu finden. Nicht einmal halbwegs leserliches Deutsch.
Vielleicht hatte der Mann, dem bewundernd Abstinenzlertum angedichtet wurde, beim Schreiben doch Etliche zuviel intus. Vielleicht drückte es ihn in den Gefilden unterhalb der Gürtellinie, wo - wie man uns nun als geschichtsrelevante Sensationsmeldung verkündet- ein rutschunwilliges Geschlechtsmerkmal die Bauchhöhle nicht beizeiten verlassen habe? Wer weiß das schon.
Kommen wir vom Eiersalat zurück zu dem der Synapsen.
Wie mir Omma, Omi und Eltern versicherten, haben nicht einmal eingefleischte (welch passender Ausdruck!) Nazis genügend Geduld und Interesse aufgebracht, das Machwerk in Gänze zu lesen. So konnte man später wirklich glaubhaft versichern, von all dem Schrecklichen "nichts gewusst" zu haben.
Damit das Buch vom verführerischen Glanz des Verbotenen befreit wird und der "Führer" nicht länger den Nymbus des armen Verführten zugeschrieben bekommen kann, ("Wenn das der Führer wüsste!"), hat man nun die originelle Idee in die Welt gesetzt, heutige Jugendliche könnten vom braunen Gedankengut ablassen, wenn sie nur wüssten, was in dem berüchtigten 'Mein Kampf' zu lesen ist.
Also her mit dem Ding, ein paar erläuternde Pädagogenworte zur Einstimmung, wahlweise Richtigstellung, und dann hinein in den braunen Gedankensumpf?
Vielleicht sollte man ja wirklich deutschtümelnde Montagsspaziergänger, Rassen-forsche AfDler, Brandbomber, Kinderbespucker und Menschenprügler zu Arrest-besinnlicher Zwangslektüre des 'Kampf' verurteilen. Schriftliche Zusammenfassung jedes Kapitels inklusive. Mit Prüfung und Korrektur. Handschriftlich.
Weinkrampf statt 'Mein Kampf'
[21.12.2015]
"Mein Kampf" soll Schullektüre werden
Der Deutsche Lehrerverband spricht sich dafür aus, die kommentierte Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" im Politik- und Geschichtsunterricht einzusetzen.
Damit solle die mystische Aura der Hetzschrift gebrochen und eine starke Aversion gegen das Buch und gegen Hitler erzeugt werden, begründete Verbandspräsident Josef Kraus den Vorschlag.
"Wir haben langjährige Erfahrung aus dem Deutschunterricht, wie wir durch Zwangslektüre das Interesse der Schüler an einem Autor zügig und langfristig zerstören", sagte Kraus. "Ob Goethe, Fontane, Kafka oder Lenz, selbst beim betriebsnudeldicken Kehlmann – unseren begabtesten Kapazitäten gelingt es innerhalb weniger Stunden, auch den aufgeschlossensten Geistern jede Freude am Werk gründlich zu verderben."
Sollte sich wider Erwarten doch ein Schüler für Hitlers Thesenpapier begeistern, rät Kraus zu Gelassenheit: "Die Auseinandersetzung mit dem Buch ist nicht gleichbedeutend mit einer unreflektierten Übernahme der Ideen." Lesen sei zuerst einmal immer gut und fördere wesentliche Bereiche des Denkens, z.B. die Einbildungskraft. "Selbst aus Schulabbrechern ist durch die Lust an der Lektüre obskurer Bücher noch etwas geworden, manch einer wurde sogar ebenfalls Autor, politischer Großdenker und Füh-, äh, Feuilletonist, ich spreche natürlich von Günter Grass!" so Kraus kraus.
Sollte der Vorschlag des Lehrerverbands umgesetzt werden, kündigte AfD-Gesicht Björn Höcke bereits seine Rückkehr in den Schuldienst an.
(Titanic)