Ein Teelöffel Land und Meer

  • Ein Teelöffel Land und Meer


    ... heißt der Titel des DebutRomans von Dina Nayeri.


    Hängengeblieben bin ich zuletzt am Titel und an der angekündigten Zwillingsproblematik.
    Wo die Geschichte spielt, war mir beim Kauf des Buches nicht bewusst.


    Schon nach den ersten Seiten wurde mir sehr schnell deutlich, dass ich in eine mir bis dahin völlig fremde Welt abtauche.


    Iran 1981, die Mullahs haben die Macht übernommen. Das erlebt die elfjährige Saba hautnah. Die Familie, die zum Christentum übergetreten ist, zieht von Teheran zurück auf die Landgüter in der Provinz, um sich dort zu verstecken. Das könnte auch gelingen, denn der Vater ist als Landbesitzer im Dorf ein angesehener Mann, versteht die Denkweise der Dörfler und hat zudem das Geld, um Loyalität mit Großzügigkeit zu belohnen.


    Als kurz darauf Mutter und Zwillingsschwester spurlos verschwinden, bricht für Saba eine Welt zusammen. Zwar wird sie durchaus liebevoll von drei alten Frauen umsorgt und erzogen, die jetzt im Haus des Vaters ein und aus gehen; da sind auch die alten Freunde, die ihr Nähe und Geborgenheit geben. Da sind aber auch noch die amerikanischen Hochglanzzeitschriften, englische Literatur und Musik ihrer leiblichen Mutter. Saba kann lesen und versteht die englischen Texte.


    So entsteht eine auch für den Leser manchmal verstörende Mischung aus überkommenen muslimischen Traditionen, grausamen männlichen Sittenwächtern und einer ganz anderen neuen TraumWelt. Davon ist Saba umgeben, als sie zur jungen Frau heranwächst, im Herzen den Wunsch, in den USA Journalistin zu werden.


    Der Roman erzählt Geschichte, vor allem aber Geschichten. Das scheinen speziell Iranerinnen besonders gut zu beherrschen: die Kunst des uneigentlichen Sprechens, die manchmal das physische, vor allem aber das emotionale Überleben erst ermöglicht.


    Auch wenn die Handlung an manchen Stellen konstruiert erscheint, mich hat der Roman tief berührt. Er zeigt deutlich, wie schwierig es ist, sich von den Wurzeln zu trennen und die Heimat tatsächlich zu verlassen.



    Dina Nayeri
    Ein Teelöffel Land und Meer
    Goldmann, 2015

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