Bruno, Chef de police

  • Martin Walker hat diesen genialen "Dorfpolizisten" zum Leben erweckt, der im französischen Périgord nicht nur von beeindruckender Landschaft, vielen Originalen in seinem Dorf, sondern immer wieder auch von Kriminellen umgeben ist.


    Bruno ist Polizist, aber er ist auch Genussmensch, der leidenschaftlich gerne kocht und dazu seinen Garten und die Vorratskammer plündert. Natürlich kocht er für und mit Freunden. Und so, wie er gestrickt ist, ist er jedermanns Freund, ohne sich anzubiedern. Er überzeugt, weil er sich immer für andere einsetzt und erfolgreich ist.
    Dabei hilft ihm, dass er sich im inneren Kreis der Politik bestens auskennt und da auch durchaus Strippen ziehen kann.


    Das ist nicht nur im bisher letzten, siebten, Band seiner Krimireihe auch nötig, damit Bruno, der nicht nur gut delegiert, sondern auch sein eigenes Leben für die "gute Sache" auf's Spiel setzt, für den nächsten Roman erhalten bleibt.


    Den Leser erwarten charmante Geschichten, französische Landschaft, liebevoll-detailreich entwickelte Charaktere und genussreich zubereitete französische Speisen. Das jeweils an aktuelle Themen anknüpfende "Verbrechen" sorgt für reichlich Spannung, steht aber nicht immer im Mittelpunkt der Handlung. Hin und wieder muss Bruno auch schon mal grade Trüffel suchen, die Hühner füttern, oder sein Pferd ausreiten ... und dann sind da auch noch die Frauen ...


    Ich habe die sieben Folgen mit Genuss gelesen.


    Martin Walker, Provokateure
    Der siebte Fall für Bruno Chef der police
    Diogenes, Zürich 2015



    Leseprobe:
    Florence [Ärztin im Krankenhaus], ... hakte sich bei ihrer Freundin unter:" Ach, Pamela [deren Angst um Bruno hatte sich in Wut entladen], seien wir doch einfach froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Bruno lässt sich jetzt in die Klinik chauffieren und dort gründlich untersuchen." Bruno verstand den Wink und stieg zu Jean-Jacques [arbeitet im Gegensatz zum "Dorfpolizisten Bruno für die Nationalpolizei] ins Auto, der nur fragte: "Wohin? Zur Klinik?"
    "Nein, zur Mairie. Da steht mein Wagen, und ich will erst einmal nach Haus und mich umziehen." Er schaute Jean-Jacques an. "Rastet Ihre Frau auch jedes Mal so aus?"
    Das Männergespräch endet mit Brunos Hinweis, Pamela sei nicht seine Frau. Worauf Jean-Jacques nur meint: Sie verhält sich aber so.


  • "Genialer" Dorfpolizist trifft's genau. Und hier liegt für mich auch ein Kritikpunkt.
    Bar jeder selbstkritischen Ironie und allzu souverän und überlegen legt Walker sein Alter Ego an. Wirklich begeistert bin ich von diesem Alleskönner nicht. "Jedermanns Freund"? Es ließe sich lange und trefflich psychologisieren, wie ein Mensch in diesem Beruf das schaffen kann ... ;)


    Die Geschichten mäandern amüsant daher, gelegentlich nimmt die Handlung Fahrt auf, dann wird es spannend. Auch große Politik und internationale Zusammenhänge finden ihren Weg in die kleinen Périgorddörfer seiner Geschichten. Walker schöpft aus großem Fundus, der Mann ist immerhin Mitglied eines US-ThinkTank.
    Sein Blick auf Land und Leute kommt oft ziemlich 'greatbritisch' rüber. Wobei er Einigkeit mit den Franzosen beschwört und
    zuverlässig in jeden seiner Romane Seitenhiebe gegen die Deutschen einstreut. Briten, auch Engländer, werden von den Romanfranzosen hingegen sehr geschätzt. Hihi. Sach ich mal nix zu.


    Allemal lesens- und nachkochenswert sind die Rezepte.
    Wer sie nicht abschreiben sondern gesammelt kaufen möchte, kann das tun. Walker hat mittlerweile "Brunos Kochbuch" herausgebracht.
    320 Seiten, Diogenes Verlag, Bestellnummer: 978-3-257-06914-3, 28,90 €




    Le Périgord, ganz pur fransssösiiiesch: 'Mes Petits Bonheurs'
    :)



  • Natürlich hat auch Walker seine Grenzen.

    Wer einen Thriller sucht, liegt bei Walker falsch, obwohl ich beim letzten Fall den Eindruck hatte, er wollte auch das mal ausprobieren.


    Walker schwimmt auf der Krimiwelle mit Lokalkolorit.


    Das Kochbuch schwimmt auf einer anderen Welle.


    Den Seitenhieb gegen Deutsche habe ich nicht so kritisch empfunden. Kommt der immer vor? Eine seiner Dauerfreundinnen ist Britin ... Sehnsucht, die wie bei allen anderen weiblichen Wesen, nicht auf eine dauerhafte Beziehung hinausläuft.


    Da ist Bruno dem Klischee des Lonesome Wolf verhaftet.


    Mich hat zunächst am meisten gestört, dass er auch heftig muggelt und maggelt, Dienstwege überspringt. Allerdings nie zum einen eigenen Vorteil.


    Auch als Bruno-Fan kaufe ich mir sein Kochbuch nicht. Merchandising :D




    Trotzdem lese ich ihn immer wieder mit Vergnügen.


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