Darf der das?
fragt man sich angesichts der jüngsten Äußerungen des Bundespräsidenten.
Zur möglichen Regierung von rosarotgrün in Thüringen hatte der erste Mann im Staate medienwirksam über Regierungsfähigkeit und politische Reife des aus dem Westen stammenden und fürs Amt des Ministerpräsidenten kandidierenden Bodo Ramelow und dessen Partei 'die Linke' simmeliert und deutliche Zweifel angemeldet.
Private Ansichten und Bewertungen wird dem redegeschulten Ex-Pastor Gauck niemand verwehren. Auch, dass er als Präsident eines demokratischen Staates sich öffentlich zu grundsätzlichen Fragen von Ethik, gelebter Demokratie und anderen Themen äußert, wird niemanden verwundern, es gehört zu seinen Aufgaben und ist vom Grundgesetz abgedeckt.
Aber wie steht's mit der parteipolitischen Neutralität, zu der er qua Amt verpflichtet ist?
Der Bundespräsident soll über den Parteien stehen, das Grundgesetz billigt ihm nicht das Recht zu, einer Person oder Partei die Regierungsfähigkeit zu attestieren oder nicht.
Daher geht es, unabhängig davon, was man von der Partei der Linken hält, nicht an, dass der Bundespräsident in einen demokratischen Entscheidungsprozess eingreift -die Gespräche zur Regierungsbildung in Thüringen sind noch nicht beendet- und von einem der möglichen Koalitionspartner abrät.
Hier hat Gauck seinen demokratisch legitimierten Kompetenzrahmen überschritten.
Uwe Becker (Foto: DPA)