Kafka - "Die Verwandlung"

  • Vorige Tage kam das Thema Kafka 'Die Verwandlung' in der Denkschpochtecke auf und seither beschäftigt es mich - wieder.
    Ich weiß nicht, wie es euch damit geht, ich habe mich zu Schulzeiten -irgendwann in der späten Mittelstufe- vor dem ungelenken, hässlichen und seine Umgebung zu ständiger Aufmerksamkeit zwingenden "Ungeziefer" gegraust. Übermächtig die Phantasiebilder vom Riesenkäfer, wie er fauliges Gemüse und andere übelriechende Speisereste frisst, wie die Schwester sich mit den 'Hinterlassenschaften' rumplagt, vom Vater, der versteinert die Verwandlung des Sohnes zur Kenntnis nimmt, aber diese Kreatur nicht als sein Kind annehmen kann, der Mutter, die dem verwandelten Sohn
    allen Beistand verweigert und ihrer Tochter überlässt.
    Und dann die Vorstellung, auch mir selbst könnte eine solche Verwandlung widerfahren. Gruselig.


    Einige Zeit später überdeckten andere Aspekte der Kafka'schen Erzählung den einstigen Ekel.
    Das Leiden des Gregor Samsa
    rückte in den Mittelpunkt, seine hilflose Einsamkeit und die Abhängigkeit von der immer rarer werdenden Zuwendung seiner 'Mit'-Menschen. Sein Tod erschien mir folgerichtig, aber nicht mehr 'Problemlösung'. Das Mitgefühl, ehedem auf die zunächst überforderte Schwester konzentriert, galt nun der Hauptfigur.


    Noch später hat mich die Umsetzung der literarischen Vorlage als Ideengeber für Theaterstücke, Filme, Comic/Grafik, Musik und Tanztheater interessiert.

    Adaptionen (lt.Wikipedia)
    Verfilmungen

    • 1975 – Die Verwandlung 55 Min., Regie Jan Němec
    • 1978 – Die Verwandlung. (OT: The metamorphosis of Mr. Samsa.)
    • 1993 – The Metamorphosis of Franz Kafka. 30 Min., Regie: Carlos Atanes (Kurzfilm)
    • 2002 – Prevraschenje 84 Min., Regie: Waleri Fokin
    • 2009 – Die Verwandlung (48 Min., Regie: Lukas Block)

    Comics

    • 2003 Peter Kuper: The metamorphosis.
    • 2007 Robert Crumb und David Zaine Mairowitz: Kafka.
    • 2011 Eric Corbeyran und Richard Horne: Die Verwandlung.

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    Graphic Novel 'La Métamorphose'
    von Eric Corbeyran (Texte) und Richard Horne (Illustrationen)



    Eine der filmischen Adaptionen, eine ZDF-Produktion, verzichtet völlig darauf, die Gestalt des verwandelten Gregor Samsa im Bild darzustellen. Das Geschehen wird ganz aus der Perspektive des "Ungeziefers" gezeigt und wirkt vielleicht deshalb umso bedrückender.
    In anderen Produktionen findet gar keine äußere Verwandlung statt, der Prozess spielt sich im Inneren, der Phantasie des jungen Mannes und/oder der ihn umgebenden Menschen ab.


    Aktuell 'übersetzt' ein japanischer Regisseur die Verwandlung des Gregor Samsa in die Moderne.
    Statt eines ekligen "Ungeziefers" erhält Samsa in Oriza Hiratas Inszenierung die Gestalt eines Roboters.

    https://magazin.dctp.tv/2014/1…lung-als-androiden-stuck/

    https://www.faz.net/aktuell/fe…kafka-drama-13198288.html



    PS
    Dank an 'Intelligenzbolzen' -d
    essen Schönheitsbegriff ich diesmal nicht teile - dafür, dass er mich zur nochmaligen Beschäftigung mit der Kafka-Parabel angeregt hat.

  • Zitat

    Paula
    Gestern, 23:03
    Hier stand heute ein Beitrag über Kafka, der sich auf sein Werk "Die Verwandlung" bezog. Initiiert durch die Denksportecke. Wo ist der - mit seinen Links - hingekommen?


    Hallo Paula ,
    ich hatte den Beitrag zur bequemeren Überarbeitung (Ergänzung, u.a. Links) kurzfristig zurückgezogen.8)

  • Ob ich mich zu Schülerzeiten mit der "armen" Schwester Grete identifiziert habe? Eher nicht. Ich fand die ganze Geschichte widerlich und hätte mich freiwillig gar nicht damit beschäftigt. Gedauert hat mich das Schicksal des zum Ungeziefer mutierten Menschen Gregor Samsa. Diese Verwandlung gefiel mir nicht ... obwohl sie nur das deutlich macht, was vorher schon da war.


    Aber wie das Schicksal so spielt, hatte man zur Abschlussprüfung extra für mich einen Kafkatext ausgewählt und mir eine kafkaeske Sitution beschert: Was mach ich hier? Was soll das jetzt? Bei der reichlich verzweifelten Sinnsuche hab ich mich aber offensichtlich so durchgewurschtelt ... und bestanden ... ;-)


    Inzwischen mag ich Kafka. Die Verlorenheit, die aus seinen Werken spricht ist, eine nachvollziehbare Weltsicht und regt zum Nachdenken an.


    Kafka gehört unbestrittten zur Weltliteratur. Wäre aber sein ausdrücklicher Wille, alle Manuskripte nach seinem Tod zu verbrennen, von seinen Freund Max Brod nicht ebenso deutlich missachtet worden, fehlte uns ganz viel von Kafka. Die meisten Texte hat Max Brod posthum veröffentlicht.


    Auch die "Kleine Fabel":


    Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt
    nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.



    Kafka zeigt das Paradoxon auf ... und die unnütz gestellte Frage, was der Autor "uns" damit sagen will, erübrigt sich. Kafka wollte "uns" nichts sagen. Er wollte, dass der Text verbrannt wird!


    Das schätze ich an Kafka: Er beantwortet keine Fragen ... er stellt sie.


  • agrippinensis

    Hat den Titel des Themas von „"Die Verwandlung"“ zu „Kafka - "Die Verwandlung"“ geändert.
  • Das Spiel wirkt schon auf den Bildern überhaupt nicht kafkaesk.


    Die Playdead Studios fangen für mich diese Stimmung mit ihren Spielen Limbo und Inside viel besser ein. Sind zwar keine Meilensteine des Gameplays, aber ein netter Snack für zwischendurch.



    Ich sehe die Verwandlung eher metaphorisch. Der Sohn wird zu einem Käfer, vor dem sich die ganze Familie ekelt. Das kann auch stellvertretend für irgendeinen Lebenswandel des Sohnes sein. Kafkas Werke werden ja auch gerne als Abrechnung mit seinem Vater verstanden. Ich hatte mir zwar auch als Jugendlicher vorgestellt, mich in einen Käfer zu verwandeln, aber manches was Gregor erdulden musste, erfuhr ich auch ohne ein Käfer zu werden.

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