Schottland bleibt britisch!

  • Das United Kingdom zielte, wie der Name sagt, auf Völkerverständigung. Zuletzt hat sich 1921 die Republik Irland sehr blutig aus dieser "Union" befreit.


    Heute wäre es für die Schotten weniger blutig verlaufen, trotzdem hat sich eine relativ deutliche Mehrheit für den Verbleib in GroßBritannien entschieden.


    Ich hab den Wahlkampf nicht so genau verfolgt. Was immer die Schotten dazu bewogen hat ... und sei es der fehlende Mut für einen "eigenen" Neuanfang gewesen, ich begrüße diese Entscheidung.


    Nachdem die Mauer in Deutschland gefallen ist, was ich nie erwartet hatte, tut es mir leid um jede Mauer, die jetzt neu errichtet wird. Davon gibt es schon reichlich und mehr als gut tut, wenn ich an ExJugoslawien und an Tschechien und die Slowakei denke. Nationalismus, der der Globalisierung geschuldet ist? Wellenbewegung der Geschichte?


    Europa lebt vom Abbau der Grenzen ... aber viele setzen noch immer den Nationalstaat dagegen. Warum eigentlich? Geht mir wirklich etwas verloren, wenn ich als Mensch behandelt werde und nicht als Deutscher???

  • Zitat

    Das United Kingdom zielte, wie der Name sagt, auf Völkerverständigung.

    Der ist gut! :D
    Man frage doch beim nächsten Urlaub mal die Iren, oder bei ner Fernreise die Inder, was sie davon halten.



    Zitat

    Europa lebt vom Abbau der Grenzen ... aber viele setzen noch immer den Nationalstaat dagegen. Warum eigentlich?

    Vielleicht, weil der positive 'Abbau der Grenzen' einhergeht mit einer Abwertung regionaler, individueller Eigenarten und Ausprägungen.
    'Einheitsbrei versus Vielfalt', um es etwas klischeehaft auszudrücken.


    Bei vielen Protesten geht es wohl auch um schlichte ökonomische Überlegungen. Ich denke da nicht nur an die Katalanen, die sich von der spanischen Regierung nicht angemessen behandelt sehen, auch kleine Marktszenen in Frankreich kommen mir in den Sinn, wenn regionale Produkte (beisp. Rohmilchkäse, Pâté) blitzesartig vom Verkaufstisch verschwinden, um nach einiger Zeit (Kontrolleure fott) wieder präsentiert zu werden. Die EU-Lebensmittelverordnungen lassen grüßen ...



    Ein kleiner Exkurs ins außereuropäische Südost:
    Wenn du dich mit Kurden unterhältst, wird dir ziemlich schnell klar was es bedeutet, keinen Nationalstaat zu haben und -was die türkischen Kurden betrifft, deren Situation kenne ich am besten- die eigene Sprache jahrzehntelang nicht benutzen zu dürfen. "Bergtürken" war/ist die abfällige Bezeichnung seitens der Regierung und Mehrheit im Staate.
    Nun lässt man sie als, pardon, 'nützliche Idioten' den IS bekämpfen und rüstet sie mit Waffen und Westen aus, und schon wächst die 'Angst', sie könnten sich anschließend für einen eigenen Staat einsetzen, statt weiterhin als wenig geschätzte Mitbewohner auf andere Staaten verteilt zu leben.


    Geht mir wirklich etwas verloren, wenn Menschen gleicher Sprache und ähnlicher Kultur auch politische Autonomie anstreben?? Völkerverständigung ist damit doch nicht ausgeschlossen.
    Oder sehe ich hier etwas falsch?


  • Zitat

    Europa
    lebt vom Abbau der Grenzen ... aber viele setzen noch immer den
    Nationalstaat dagegen. Warum eigentlich? Geht mir wirklich etwas
    verloren, wenn ich als als Mensch behandelt werde und nicht als Deutscher???

    Auf das warum gibt es bestimmt vielfältige Antworten, die variieren vom Interesse am eigenen Wohl bis hin zu politischen Bestrebungen und Interessen dieses nationale Gedankengut nicht untergehen und verschwinden zu lassen. Große Sorgen wird uns in dieser Hinsicht noch unser französischer Nachbar bereiten, der mit Madame Le Pen an der Front den Sargnagel für das Großprojekt Europa liefern könnte.


    Nehmt euch mal Zeit und hört Euch das Interview mit Herrn Wimmer an. Ab 1.18 min wird dort auch über rechtsnationale Bewegungen historisch und aktuell in Europa gesprochen. Die Zusammenhänge die da hergestellt werden ergeben ein Gesamtbild, dass die Zukunft unseres Europas der offenen Grenzen, des freien Wirtschaftens, der sozialen Marktwirtschaften nur mit viel Vorsicht und Bedacht erhalten werden kann.


    Auch mir sind Welterklärer suspekt, aber wenn Menschen mit einem fundierten Wissenshintergrund darüber sprechen ist das schon sehr interessant.

  • Als sooo eindeutig, wie das nun (in erster Linie seitens der Medienwelt) dargestellt wird, betrachte ich das Ergebnis der Abstimmung nicht gerade. De facto zeigt sich die Bevölkerung Schottlands als in zwei Lager gespalten, und kann man so naiv sein zu glauben, dass mit der Abstimmung nun die Stimmung im pro-britischen Sinne kippt? Dass wir nun - unabhängig von der nun verhinderten Abspaltung - ein anderes Schottland haben werden als zuvor, ist für mich ausgemachte Sache. Die schon bereits zugesagten erweiterten Autonomiebefugnisse sprechen eine beredte Sprache. Übersehen wir auch nicht, dass es wohl vor allem jüngere Wähler waren, die sich für ein selbständiges Schottland entschieden haben.

    Viel aussagekräftiger erscheint mir die hohe Wahlbeteiligung. Stellen wir dem die oftmals geradezu beschämend niedrigen Quoten nicht nur in unserem Lande gegenüber, so lese ich daraus, dass die Menschen sehr wohl zum Urnengang zu bewegen sind - sofern sie noch den Eindruck haben, etwas bewegen zu können.

    Und wo hunderte von Jahren nicht ausreichen, etwas so fest zusammen zu schmieden, dass nicht doch so starker Widerspruch laut wird, sollte gerade das für die Zwangsvereiniger und -vergrößerer der EU eine kräftige Warnung sein - eine Lehrstunde für die Befürworter von Zentralismus und Alternativlosigkeiten. Da aber das Ergebnis als Solches schon wieder (und erwartungsgemäß) schöngeredet wird, ist es wohl eher eine Leerstunde.

  • Große Sorgen wird uns in dieser Hinsicht noch unser französischer Nachbar bereiten, der mit Madame Le Pen an der Front den Sargnagel für das Großprojekt Europa liefern könnte.

    Damit rechne ich auch.


    Nehmt euch mal Zeit und hört Euch das Interview mit Herrn Wimmer an. Ab 1.18 min wird dort auch über rechtsnationale Bewegungen historisch und aktuell in Europa gesprochen. Die Zusammenhänge die da hergestellt werden ergeben ein Gesamtbild, dass die Zukunft unseres Europas der offenen Grenzen, des freien Wirtschaftens, der sozialen Marktwirtschaften nur mit viel Vorsicht und Bedacht erhalten werden kann.

    Eine Stunde hab ich mir jetzt gegönnt ...


    Wimmer ist angenehm unaufgeregt und sachlich, verzichtet weitgehend auf Spekulationen, bezieht sich stattdessen auf eigene Erfahrungen, die er gemacht hat, als er selbst noch an politischen Entscheidungen beteiligt war.


    Zum Inhalt greif ich nur ein Beispiel heraus: Wimmer geht davon aus, dass es im Interesse der USA liegt, nicht nur die Europäer "kriegsfähig" zu halten. Den Gedanken hatte ich auch schon ...


    Verschwörung hin oder her: Wir werden grad massiv auf Krieg "eingeschworen" X(


    Diese Kehrtwende der deutschen Außenpolitik geht mir entschieden gegen den Strich. Da wird ein Tabu gebrochen, das sehr gut begründet war!


    Ich gehöre zu der Generation, deren Ahnen im "guten Glauben" ohne Rücksicht auf Menschenleben ihre Ideologie, ihr -aus meiner Sicht- krudes Weltbild verteidigt haben. Für solche Aktionen stehe ich nicht zur Verfügung.


    Wenn "Nie wieder Krieg" heute wieder als naiv-blauäugig ins Abseits gestellt wird, dann fühl ich im Abseits grad wohler.


    Der Automatismus, dass eine florierende Waffenindustrie -in Deutschland und den USA- auch mit Kriegen "bedient" werden muss, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen, ist aus meiner Sicht zynisch :thumbdown:


    Immerhin wird da aber deutlich, dass es um Geld geht und nicht um Menschenrechte, wie uns oft vorgegaukelt wird.

    Als sooo eindeutig, wie das nun (in erster Linie seitens der Medienwelt) dargestellt wird, betrachte ich das Ergebnis der Abstimmung nicht gerade. De facto zeigt sich die Bevölkerung Schottlands als in zwei Lager gespalten,

    Auch in den Medien ist durchaus von einer knappen Entscheidung die Rede. Medienschelte erübrigt sich also.


    10 Prozentpunkte Unterschied sind aus meiner Sicht nicht so knapp, wie ich es befürchtet hatte. In Zahlen fehlten den Separatisten etwa 500.000 Stimmen, um zur Mehrheit zu werden.


    Dass Schottland "gespalten" ist, sehe ich auch, die Verlierer werden nicht nur freudig zustimmen. Als demokratische Wähler sind sie jetzt gefordert, auch eine Niederlage anzuerkennen.


    Und ja, auch die verlorene Wahl wird Schottland und das UK verändern. Das ist der Sinn von Demokratie.


  • Das o.a. TV-Interview mit Willy Wimmer -ich kann es nur Jedem empfehlen!- stützt in weiten Teilen die mehrheitlich in diesem Forum vertretenen Ansichten zur Rolle der USA/NATO im Ukraine-Konflikt, von Kritikern gern als 'Putinversteherei' abgetan.


    Zum schottischen Referendum und dessen Bedeutung in und für Europa schreibt Willy Wimmer:



    PS
    Schotten unterstelle ich keine rechten Tendenzen, wenn sie sich mehr Unabhängigkeit wünschen, aber Mme LePen und ihre Gesinnungsfreunde äußern unverhohlen destruktive Ansichten. Da wünsche ich mir größte Wachsamkeit und Gegenwehr.
    Vielleicht wäre ein Thread zum Themenbereich 'Rechtspopulismus' nicht schlecht.8)

  • ... und jetzt zahlt Cameron an Frankreich Millionen?, damit im Hafen von Calais Zäune gegen Asylanten gebaut werden, ich glaub's nicht.


    P. S. Die Türkei heute die Grenze für 45.000 syrische Kurden geöffnet :thumbsup:

  • ... wo hunderte von Jahren nicht ausreichen, etwas so fest zusammen zu schmieden, dass nicht doch so starker Widerspruch laut wird,...

    Ein Indiz für Geschichtsbewusstsein, das ausgeprägt und unbefangen, manchmal auch verbissen unversöhnlich daherkommt - nicht immer hilfreich ...
    Ich habe oft gestaunt, wie viele Schmöker, Filme und Lieder, sogar Kinderbücher die Schotten ihrer Historie widmen und die oft leidvollen Erfahrungen mit den englischen Machthabern wachhalten.


    Ob unsere begeistert singenden Kölner Fußballfans wissen, dass die sogenannte 'FC-Hymne' aus Schottland stammt und das Original rein garnichts mit Fußball zu tun hat?
    'Loch Lomond', so wurde mir von hilfreichen Einheimischen erklärt, gibt die Gedanken eines jungen Schotten wieder, der von englischen Truppen gefangen genommen und zum Tode verurteilt wurde. Er weiß zwar, dass er zu seinem Mädchen in die geliebte Heimat zurückkehren wird, aber auch, dass er die'low road' nehmen wird, d.h. durch das Totenreich nach Hause gelangt.
    Das Lied werde z.B. bei Beerdigungen gesungen, aber auch stolz wie eine Nationalhymne zelebriert. Vielleicht kennt ihr die Version von 'Runrig'.


    Jedes schottische Kind weiß auch um die Geschichte vom 'Massacre of Glencoe', dem die Angehörigen des Clans 'McDonald of Glencoe' zum Opfer gefallen sind - entgegen der ihnen zugesagten Amnestie, unter Missachtung genossener Beherbergung und Gastlichkeit - und auf ausdrücklichen Befehl des wortbrüchigen englischen Königs William. Eine heimtückische Rache für die Beteiligung am Jakobiteraufstand.


    Hier sind zwei der vielen Lieder zum Schicksal der 'McDonalds of Glencoe'.
    [video]http://www.youtube.com/watch?v=bjomiY0VOgk[/video]
    [video]http://www.youtube.com/watch?v=8IXebqFyj0A[/video]

  • Schottland ist eine Reise wert und wenn das Wetter mitspielt gereicht es gar zum Traumurlaub;).




    Das Schottland nicht gleich England ist, merkt man nicht nur an der Sprache, sondern vor allem am guten Essen. Die Schlösser sind genauso herrlich wie in England.



    In Luxus lebt man dort nicht. Wer durch Inverness schlendert, erkennt gut wie es dort wirtschaftlich bestellt ist.

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