Ach, Alice,
wie oft habe ich begeistert deinen Erzählungen gelauscht, wenn du über deine Zeit in Paris gesprochen hast. Hab' über deinen trockenen Humor gelacht. Gefeixt, wenn du wieder einmal einen männlichen Kontrahenten mit seinen eigenen Argumenten 'geputzt' und sprachlos-verblüfft zurück gelassen hast. Bin mit dir in Diskussionen aneinander geraten, wenn du behauptetest, wir seien nicht radikal genug. Habe über dich den Kopf geschüttelt, wenn du allzu heftig 'zugebissen' hast. Und war immer wieder angetan von deiner Weichheit und dem Charme, die du nur selten zeigtest - meist fernab von Kameras und Presse.
Wie oft hab' ich dich verteidigt gegen deine Kritiker, die deine Gedanken persönlich verübelten. Nicht weil sie falsch gewesen wären, sondern weil eine Frau sowas nicht sagt(e) und weil du einfach nicht brav, niedlich, rosa, schmusig-sexy, süüüß und willig sein mochtest.
Nicht, dass ich deine Hauspostille EMMA regelmäßig gelesen hätte, die war mir meist zu ... naja ...
Wie wir wissen, war es maßgeblich deiner Initiative und Hartnäckigkeit zu verdanken, dass der Kölner Bayenturm instand gesetzt und wieder nutzbar gemacht wurde, aber deine mit größter Selbstverständlichkeit erhobene Forderung, das allgemeine Frauenarchiv in eben diesem Bayenturm sei mit kräftigen Finanzspritzen zu fördern, hat mich gelegentlich mit blankem Zorn erfüllt, denn:
Oftmals hat der Kölner Frauengeschichtsverein vergeblich an die Tür 'deines' Archivs gepocht!
Majestätisch residiertest du mit der Emma-Redaktion in dem mittelalterlichen Turm, als sei der dein persönlicher und nicht städtischer Besitz.
Die vielen, vielen testosteron- und aggressionsgeladenen 'Talk-Shows', für die du dich hergegeben hast -gruselige Kakophonie- ließen mich den rettenden AusKnopf drücken. Zuletzt dann dein Einsatz für Deutschlands größte Boulevardzeitung und deine Artikel zum Fall Kachelmann, bar jeder Zurückhaltung und vorsichtiger Distanz. Unkritisch, parteiisch und -in meinen Augen- falsch.
Und jetzt zeigst du dich -wieder mal- als Vollmitglied einer eher männlichen Domäne:
Vermögensverschiebung auf sichere Auslandskonten und allzu späte Erkenntnis eines ...öhm... 'Fehlers'.
Musstest du dir und uns denn wirklich den Hoeneß geben?
Nun beißt du um dich, weil in der Schweiz jemand geplaudert und sein Wissen an verschiedene Presseorgane vertickt hat. Hast du wirklich geglaubt, Mann/Frau hätte Verständnis für dein Tun?
Shitstorm? Jo, der war doch zu erwarten - und du hättest ihn dir ersparen können ...
Ach, Alice!
Zitat
Selbstanzeige einer Steuersünderin: Die verlogene Ehre der Alice S.
SPIEGEL ONLINE
- 03.02.2014
Alice Schwarzer hatte ein Konto in der Schweiz, sie hatte dort einen Millionenbetrag deponiert - Geld, das ursprünglich aus rechtmäßig versteuerten Einnahmen stammte. Aber die Zinsen, die sie dafür in der Schweiz kassierte, hatte sie nicht dem deutschen Fiskus gemeldet. Alice Schwarzer war damit eine Steuersünderin, schon seit den achtziger Jahren, offenbart hat sie das dem Fiskus erst im vergangenen Jahr. Zu einem Zeitpunkt, als Schweizer Banken reihenweise ihre deutschen Schwarzgeldkunden aufforderten, sich steuerehrlich zu machen. Zu einem Zeitpunkt, als die öffentliche Diskussion um Steuer-CDs und Schwarzgeldkonten im Ausland nicht gerade erst begann, sondern schon seit Jahren lief. Zu einem Zeitpunkt, als die Journalistin schon zig Mal in der Zeitung davon gelesen haben musste. nach SPIEGEL-Informationen13666Alice Schwarzer
Ein Kommentar von Jürgen Dahlkamp mehr.