Lampedusa und kein Ende ...

  • Lampedusa ist eine winzige Insel 160 km vor der Küste Tunesiens, die politisch zu Italien gehört.


    Hier treffen zwei Welten aufeinander: Das reiche Europa, das allerdings auch mit eigener "Armut" kämpft ... und Afrika.


    Man braucht man keinen Zaun, um die schmarotzenden Armen abzuwehren. Die unzureichenden Boote der professionellen Schleuser und das Meer reichen völlig aus.


    Gestern ertranken 143?? Menschen aus Somalia und Eritrea.


    Wirtschaftsflüchtlinge, die sich ihr Schicksal selbst zuzuschreiben haben?


    Nein, wir können nicht alle Afrikaner in Not aufnehmen, Schulter zuckend hinzunehmen, dass sie vor Europas Küste jämmerlich krepieren, ist für mich trotzdem schwierig.

  • Wenn arme Menschen sterben und somit von ihrem Leid erlöst werden, dann schreien wir alle auf. Gestern sind über 100 Afrikaner erlöst worden. Millionen hingegen leben immer noch im Elend und leiden jeden Tag weiter. Das scheint aber viel beruhigender zu sein.


    Worum geht es also bei dem Ereignis gestern genau?

  • Ja, da sind die Wohlstandbürger wieder einmal hochgeschreckt.
    So viele Tote direkt vor der Haustür, sozusagen...


    Und wie gewohnt steigt das Barometer der Empörung, oder war's das Thermometer, das den Grad der Echauffierung misst?
    Bei Plasberg war die Diskussion zeitweilig heftig und das Publikum spendete Applaus für edle Statements. Ob dieselben Leute morgen und danach dauerhaft etwas "abgeben", wie es die einzige Frau in der Runde, ehedem Flüchtling aus Somalia/Afrika, sich gewünscht hatte?
    Fordern sie vom Supermarkt 'des Vertrauens', dass er seine durchaus genießbare Ware nicht sinnlos in den Müll kippt? Kaufen sie weiterhin Jeans im 'used-look', wohl wissend, dass die Waschung den Arbeitern in China oder Türkei Lungenschäden einbringt, an denen sie krepieren - oder tragen sie ihre Hosen so lange, bis die von alleine 'used' aussehen?
    Ach, pardon, wir waren ja bei Afrika. Was unser Konsumverhalten damit zu tun hat? Das fragt hoffentlich keiner mehr ernsthaft, oder?
    Wir wissen, dass -nur als Beispiel- dort einheimische Händler durch Billigimporte von Geflügelklein, das bei uns angeblich unverkäuflich ist oder auch durch diverse Sach-und KleiderSpenden aus Europa in die Knie gezwungen werden, weil sie mit den Dumpingpreisen, für die das Zeug vor Ort verkauft wird, nicht mithalten können...
    Aber ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen sagte meine Omma immer - und Spenden beruhigt das Gewissen doch ungemein.
    Lösungen?
    Nein, Lösungen habe ich ganz sicher keine, weder im Ärmel noch im Hirn. Wie wir innerafrikanische Probleme lösen oder Auseinandersetzungen dauerhaft befrieden könnten, weiß ich nicht.


    Aber wer sich entschließt über den eigenen Kühl- oder Kleiderschrank hinaus zu denken, dem sollte auffallen, dass er sein Verhalten ändern kann, ohne gleich in Märtyrerhaltung oder bedrohliche Konsum-Entsagung zu verfallen.
    Nachdenken, was und wieviel ich kaufe - um es dann anschließend in die Tonne zu kloppen?! Könnte schon hilfreich sein.
    Prüfen, wie und wem ich spende - auch das ist kein Riesending.
    Aber es könnte mithelfen, dieses unsinnige System von 'Abfall'-Importen oder von Spenden, die zur Verkaufsware umgemogelt werden, zu durchbrechen.
    Euch fallen bestimmt noch andere Möglichkeiten ein, da bin ich sicher.


    Spendenadresse, die ich bevorzuge, weil m.E. die Vorgehensweise dieser Organisation 'stimmt':

    Zitat

    8) Oxfam 8) ........


    Medieninfo:

    Zitat

    Lampedusa-Debatte bei Plasberg
    "Schön Safari in Südafrika, was?"
    Plasbergs "Hart aber fair" verhandelte das Schiffsunglück vor Lampedusa. Es war eine sehr emotional geführte Debatte. "Wir können nicht ganz Afrika aufnehmen", erklärte der konservative Schweizer Roger Köppel. Er machte sich an diesem Abend keine Freunde. Von Arno Frankmehr...[ Forum]


    ARD Tagesthemen mit Kommentar zu 'Lampedusa'.

  • Ja, da sind die Wohlstandbürger wieder einmal hochgeschreckt.
    So viele Tote direkt vor der Haustür, sozusagen...

    Mehr als 100 Tote sind ja auch eine Zumutung ... da hat die "Küstenwache" nicht aufgepasst, die jedes Boot auf dem Radar hat.


    Die Reaktion von Heinz ist verständlich, aber ebenso zynisch, wie die Heuchelei der anderen. Die Zahl der Toten geht ja in die Tausende und niemand kann sie wirklich zählen.

    Bleibt nur Zynismus? Der lebt davon, dass es scheinbar keine Altenative gibt. Hat Merkel alternativlos als Scheinargument in die politische Diskussion eingebracht ... dieses: Das muss so sein??


    Nichts ist alternativlos!


    In der Tat ist die Lösung aber schwierig, besonders eine schnelle Lösung.


    Zur Resignation gibt es eine Alternative. agrippinensis beschreibt sie.


    ... und dann ist da noch die Tatsache, dass ein verzweigtes Netzwerk von Schleppern an der Not verdient :thumbdown:


    Zur Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge, siehe auch hier

  • Ich bin kein reiner Zyniker. Ich habe ebenfalls Lösungen angeboten, die sowohl nachhaltig wie auch moralisch vertretbar wären. Eine Lösung, die mir bisher keinen Zweifel eingebracht hat. Allerdings ist sie dementsprechend aufwändig. Es wäre eine Lebensaufgabe, die ich bis zu meinem Tod höchstwahrscheinlich nicht einmal abschliessen könnte. Das müsste über Generationen verteilt werden. Sehr viel Zeit um eine Idee zu korrumpieren.


    Ich sag es mal ganz salopp: Ich habe einfach keine Lust zu helfen. Afrikaner sind nichts besonderes, nichts was man sonderlich schützen oder erhalten sollte. Das sind alles nur Menschen. Wesen, die diesen Planeten und ihre Nächsten ausbeuten. Jeder Mensch ist egoistisch. Jeder Mensch ist eine ständige Gefahrenquelle.
    Ich denke das es für mein Leben nur von Vorteil sein kann, je weniger es von diesen Wesen gibt. Das gilt auch für meine Nachkommen. Weniger Menschen bedeutet auch weniger Gefahr. Man muss weniger teilen, hat mehr Freiräume. Wenn ich wollte, daß es meinen Kindern mal besser geht als mir, dann sollte ich wohl selber dafür sorgen, daß es weniger Mitesser gibt.
    Für die Naivlinge ist es immer wieder toll zu hören, wenn die Menschheit wächst und immer wieder neue Milliardenrekorde bricht. Für mich ist es hingegen die schlimmste Statistik von allen. Das stetige Anwachsen der Menschen beunruhigt mich mehr als jeder Bürgerkrieg, jede Wirtschaftskrise und sämtlicher Terrorismus.


    Deswegen habe ich kein Problem damit es lediglich beim Zynismus zu belassen, auch angesichts der mir bekannten Tragödien.


    Und wer weiß, vielleicht werde ich auch irgendwann mal als ertrunkener Wirtschaftsflüchtling enden, wenn sich die Zeiten mal ändern sollten :)

  • Und wer weiß, vielleicht werde ich auch irgendwann mal als ertrunkener Wirtschaftsflüchtling enden, wenn sich die Zeiten mal ändern sollten

    Die Zeiten werden sich sicherlich ändern, das haben sie so an sich.


    Bleibt die Frage, ob ... oder wie du das erlebst.


    Lässt man Moral und mitmenschliches Verhalten außen vor, kann man bestimmt darauf vertrauen, dass Kriege und Krankheiten schon dafür sorgen werden, dass es nicht " zu viele" Menschen gibt. Es lebe der "Stärkere" ... sagt die Evolution.

  • Mich macht das einfach sprachlos. Ich finde da weder Worte, noch eine in sich geschlossene Haltung zu. Man kann auch mit zur Schau gestellter Betroffenheit ein Problem auf Distanz halten.
    Betroffen macht einen doch jedes Schicksal auf der Welt an dem Menschen leiden müssen. Je weiter weg es ist vom eigenen Leben und eigenem Erlebten, desto inszenierter kommt mir das jedoch vor.


    Das einzige das ich begreife ist das wir sowohl durch die geographische Nähe, als auch durch die Verstrickung alter Kolonialgeschichte mit diesem Kontinent auf eine Art und Weise verbunden sind, die schwer lösbar scheint. Die Ereignisse in jüngster Zeit haben das nicht besser gemacht. Die Anzahl der Menschen die dort schon ertrunken sind und von denen hier keiner weiß, kann niemand beziffern, möchte das jemand? Und ob die Unterstützung solcher Ketten wie Oxfam nicht auch nur ein Wohlstandsbürger-Gewissen Beruhigungsmittel ist, ist eine Frage, die ich mir stelle.


    Ich habe immer, wenn ich an diese Dinge denke Bilder aus einem Bericht auf ARTE über alte Kolonialzeiten im Kopf, in denen ganze Dörfer zu Arbeit in Arbeitslagern aufgeteilt wurden, Kautschuk war damals das Begehren. Unsere europäischen Monarchien sind dort mit unvorstellbarer Gewalt und Grausamkeit vorgegangen, haben Familien getrennt, Menschen per Bestrafung verkrüppelt und umgebracht, sie in Europa als "Exoten" wie Affen in Museen ausgestellt. Wie lange ist das her? Kann man das überhaupt mit irgendwas wieder "gut" machen, geschweige denn bezahlen, das ist doch die bevorzugte europäische Art zu helfen, oder? Wenn wir ehrlich sein wollten, müssten wir alle Afrikaner nach Europa holen. Das können wir nicht, wir wollen es auch nicht, es wäre ein Selbstaufgabe ... praktische, echte Lösungsansätze gesucht.


  • Und ob die Unterstützung solcher Ketten wie Oxfam nicht auch nur ein Wohlstandsbürger-Gewissen Beruhigungsmittel ist, ist eine Frage, die ich mir stelle.

    Und? Welche Antwort hast du für dich gefunden?


    Spenden ist sicher immer auch ein Wohlstandsbürger-Gewissen Beruhigungsmittel, das 'sanfte Ruhekissen' hatte ich bereits zitiert.
    Mir schien wichtig aufzuzeigen, dass es dabei einen Unterschied macht, ob ich -beispielsweise- Kleidung an Organisationen abgebe, die sie dann verschiffen und vor Ort zu Dumpingpreisen verkaufen ... oder ob ich sie zu einer Organisation bringe, die diese Sachen hier bei uns billig verkauft und mit dem Erlös Projekte zur Selbsthilfe in der so genannten Dritten Welt finanziert.



    Im Übrigen lohnt sich auch immer ein Blick auf die Aufwendungen für 'Repräsentation' o.ä. bekannter Hilfsorganisationen.

  • Du könntest versuchen die Menschheit zu retten. Du kannst sie auch bei dem Versuch vernichten. So oder so, du hast die Kraft etwas zu ändern :D


    Lässt man Moral und mitmenschliches Verhalten außen vor, kann man bestimmt darauf vertrauen, dass Kriege und Krankheiten schon dafür sorgen werden, dass es nicht " zu viele" Menschen gibt. Es lebe der "Stärkere" ... sagt die Evolution.

    Selbst wenn man die Moral mit einbezieht läuft es auf das selbe Prinzip hinaus. Dann ist der moralische Mensch der Stärkere und setzt sich an die Spitze. Wir bezeichnen das heutzutage gerne als Zivilisation. Wenn die Drohne ihre Bombe auf den pakistanischen Ziegenhirten wirft, dann siegt in dem Moment der zivilisierte Mensch über den rückständigen Menschen.


    Was bleibt der Menschheit auch anderes übrig als sich gegenseitig zu töten, wenn die Lebensräume und Ressourcen zur Neige gehen? Wir haben nur diesen einen Felsbrocken in einem endlos großen Vakuum. Der nächste feuchte Kieselstein ist einige Jahrzehnte von hier entfernt. Da wird Moral zum Luxusgut :)

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.