Absolute Mehrheit

  • Gestern habe ich zum ersten mal Stefan Raabs Polit-Talkshow "Absolute Mehrheit" im Fernsehen gesehen. Wer es noch nicht kennt: Im Gegensatz zu konventiellen Talkshows kann man sich hier seine Meinung bezahlen lassen. Das Publikum ruft an und votiert für die Diskussionsteilnehmer. Nach jedem Gesprächsthema resümiert Peter Limbourg (oder sein zukünftiger Ersatzmann, weil Limbourg offenbar den Sender nun verlässt) noch einmal kurz die Argumente und abschliessend wird ein Zwischenstand durchgegeben, wieviel anteilsmäßige Zustimmung die Diskutanten von den Zuschauern erhalten. Wer am Ende der Sendung in Führung liegt gewinnt. Wer sogar über 50% der Zuschauerstimmen erhält bekommt 100.000 €. Gelingt es niemanden in einer Sendung die 50% zu erreichen wandern die 100k in einen Jackpot.


    In der gestrigen Sendung waren neben dem Rapper Sido Politiker aller prominenter Farben eingeladen und diskutierten über die Themen Marihuana-Legalisierung, Jugendwahlrecht und Managergehälter. Stefan Raab moderierte dabei die Debatten recht solide, stellte hin und wieder ein paar lakonisch provokante Fragen, die man sonst aus Talkshows eher nicht gewohnt ist. Er wirkt zwar an vielen Stellen noch äußerst unsicher und verhalten, aber trotzdem war es weniger steif und tabuisiert als die gängigen Polit-Talkshows in den öffentlich-rechtlichen Sendern. Einen neuen Michel Friedman hatte ich auch nicht erwartet.


    Die Sendung verlief von daher ganz erwartungsgemäß. Die Gäste tauschten ihre Argumente, Publikum klatschte hier und da Beifall und am Ende gewann Sido 300.000 €.
    Ob er den Sieg und das Geld am Ende verdient hatte ist natürlich kontrovers. Niemand der geladenen Gäste konnte Sido in Sachen Prominenz und Popularität das Wasser reichen. Lediglich dem Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky mochte man im Zielpublikum noch ein wenig Bekanntheit zusprechen. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, daß Sido sein Endergebnis von 56% Zustimmung nur einer gewissen Fanbasis zu verdanken hat. Raab zielt mit diesem Talkformat ohnehin auf ein jüngeres Publikum ab. Junge Menschen haben natürlich eher einen Popstar als Idol wie einen Politiker.


    Also auch wenn die Sendung an sich vielleicht nicht die beste Argumentation gewinnen liess und nicht zu einer unmittelbaren Meinungsbildung von Jungwählern geführt hat, so waren jene doch wenigstens dazu bewegt worden sich die Sendung anzusehen und sich die Argumente der Gegenseite anzuhören. Da kann auch eine Identifikationsfigur wie Sido dazu verhelfen, daß sich junge Menschen mit politischen Themen auseinandersetzen. Laut DWDL.de hatte die Sendung gestern einen Marktanteil von knapp 25% im Bereich der 14-29-jährigen , also genau bei der Zielgruppe, bei der man Schwierigkeiten hat sie für Politik zu begeistern. Das sind schon ziemlich gute Werte.


    Ich denke von daher macht das Format schon einiges richtig.

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